I QUATTRO LIBRI DELL'ARCHITETTURA
Das Atrium
VOM TOSKANISCHEN ATRIUM
NACHDEM ICH einige Gebäude, die ich in den Städten errichtet habe, vorgeführt habe, paßt es nun sehr gut, daß ich nun meinem Versprechen nachkomme und Zeichnungen einiger wichtiger Teile von antiken Häusern vorstelle. Da das Atrium ein bedeutender Teil dieser Gebäude war, werde ich zunächst
von den Atrien sprechen, danach von den an sie angrenzenden Räumen und schließlich von den Sälen. Vitruv sagt im sechsten Buch, daß die Alten fünf Arten des Atriums kannten, und zwar das toskanische, das viersäulige, das korinthische, das bedeckte sowie das offene, von dem ich nicht zu sprechen beabsichtige.
Das toskanische Atrium ist in den folgenden Zeichnungen dargestellt. Die Breite dieses Atriums hat von den drei Teilen der Länge zwei. Das Tablinum ist zwei Fünftel der Breite des Atriums breit und ebenso lang. Von dort gelangt man ins Peristyl, das heißt in den von Portiken umgebenen Hof, der um ein Drittel länger als breit ist. Die Portiken sind so breit wie die Säulen lang. An den Seiten des Atriums konnte man Säle anlegen, von denen man auf die Gärten sah. Und wenn dies so geschah, wie man es in der Zeichnung sieht, wären ihre ionischen Säulen zwanzig Fuß lang, und der Portikus war dann so breit wie die Interkolumnien. Darüber waren die Säulen von korinthischer Ordnung, die um ein Viertel kleiner als die unteren waren und zwischen den Fenstern lagen, um das Licht einfallen zu lassen. Über den Gängen waren keine Dächer angebracht, sie hatten aber Balkone. Und je nach der Situation konnte man mehr oder weniger Räume, als ich aufgezeichnet habe, anlegen, je nachdem wie die Erfordernisse derer, die darin wohnen mußten, es geboten.
Es
folgt die Zeichnung dieses Atriums in vergrößertem
Maßstab.
VOM ATRIUM MIT VIER SÄULEN
DIE HIER nachfolgende Zeichnung besitzt ein viersäuliges Atrium, das von den fünf Teilen der Länge drei zur Breite hat. Die Alae sind so groß wie ein Viertel der Säulenlänge. Die Säulen sind korinthisch, ihr Durchmesser ist so groß wie die Hälfte der Alae. Der unbedeckte Teil des Atriums ist so groß
wie ein Drittel seiner Breite. Das Tablinum ist halb so breit wie das Atrium und genauso lang. Vom Atrium aus gelangt man über das Tablinum ins Peristyl, das eine Länge von eineinhalb Quadro hat. Die Säulen des ersten Geschosses sind dorisch, die Portiken so breit wie die genannten Säulen lang. Die oberen Säulen, das heißt die des zweiten Stockwerkes, sind ionisch, ein Viertel dünner als jene des Erdgeschosses und stehen auf einem Sockel oder Postament, das zweidreiviertel Fuß hoch ist.
A, Atrium
B, Tablinum
C, Tor zum Tablinum
D, Umgang des Säulenhofes
E, Räume, die an das Atrium grenzen
F, Loggia, durch die man das Atrium betritt
G, Unbedeckter Teil des Atriums mit umlaufenden Balkonen
H, Alae des Atriums
I, Fries des Atriumgesimses
K, Das Mauerwerk über den Säulen
L, Maßeinheit für zehn Fuß
VOM KORINTHISCHEN ATRIUM
DAS FOLGENDE Gebäude in Venedig ist der "Convento della Carità", dort wohnen Kanoniker. Ich habe versucht, dieses Gebäude den antiken Häusern anzugleichen. Deshalb habe ich dort ein korinthisches Atrium angelegt, das so lang wie die Diagonale des Quadrates der Breite ist. Die Lange der Alae beträgt eineinhalb Teile der Atriumslänge, wenn man diese in drei Teile teilt. Die Säulen sind von kompositer Ordnung, dreieinhalb Fuß dick und fünfunddreißig Fuß lang. Der nichtüberdachte Teil in der Mitte ist so groß wie ein Drittel der Atriumsbreite. Über den Säulen auf der Höhe des dritten Stockwerks des Klosterhofes, dort, wo die Zellen der Mönchsbrüder liegen, befindet sich eine überdachte Terrasse. An der einen Seite des Atriums schließt die Sakristei an, die von einem dorischen Gesims umgeben ist, das das Gewicht der Gewölbe aufnimmt. Die dort sichtbaren Säulen tragen jenen Teil der Mauer des Klosterhofes, der im oberen Teil des Gebäudes die Kammern oder Zellen von der Loggia trennt. Diese Sakristei dient als Tablinum, wie bei den Alten die Räume genannt wurden, die zur Aufbewahrung der Ahnenbilder dienten. Weil es vorteilhaft ist, habe ich sie an die eine Seite des Atriums gesetzt. Auf der anderen Seite liegt der Kapitelsaal, der der Sakristei entspricht. Im Gebäudeteil neben der Kirche liegt eine ovale Treppe mit offener Spindel, die sehr zweckmäßig ist und anmutig aussieht. Vom Atrium tritt man in den Klosterhof, der drei Säulenordnungen übereinander besitzt. Die erste ist dorisch, und hier treten die Säulen über die Hälfte aus den Pfeilern hervor. Die zweite Ordnung ist ionisch. Hier sind die Säulen um den fünften Teil kleiner als die Säulen der ersten Ordnung. Die dritte Säulenordnung ist korinthisch, und ihre Säulen sind um ein Fünftel kleiner als die der zweiten Ordnung. In diesem Stockwerk befindet sich an der Stelle der Pfeiler eine fortlaufende Mauer, und gegenüber den Bögen der unteren Ordnungen sind hier Fenster angebracht, die Licht in die Zellen einfallen lassen. Die Gewölbe in diesen Räumen sind aus Rohr gemacht, damit sie die Mauern nicht beschweren. Dem Atrium und dem Klosterhof gegenüber, jenseits des Säulenganges, liegt das Refektorium, das zwei Quadri lang ist und bis zur Ebene der dritten Ordnung des Klosterhofes hinaufreicht. Entlang einer Seite liegt eine Loggia und darunter ein Keller, der so angelegt ist, wie man dies gewöhnlich bei Zisternen macht, um zu verhindern, daß Wasser einläuft. An einem Ende befinden sich die Küche, Öfen, Hühnerhöfe, Räume zum Aufbewahren des Holzes, Waschküchen sowie ein recht hübscher Garten.
Am anderen Ende liegen andere Räume. In diesem Gebäude sind zwischen den Gästezimmern und den Räumen, die zu anderen Zwecken dienen, vierundzwanzig Zimmer und sechsundvierzig Zellen angeordnet.
Von den
folgenden Zeichnungen stellt die erste einen Teil jenes Atriums im Aufriß,
die zweite einen Teil des Klosterhofes dar.
VOM BEDECKTEN ATRIUM UND VOM PRIVATHAUS DER ALTEN RÖMER
NEBEN DEN obengenannten Atrien war bei den Alten noch eine andere Art weit verbreitet, die von ihnen das
bedeckte Atrium genannt wurde. Und da dieser Gebäudeteil wegen unklarer Äußerungen Vitruvs sehr schwer zu begreifen, aber gleichwohl von großem Interesse ist, werde ich hierzu meine Meinung sagen und außerdem die Anordnung der Oeci oder kleinen Säle, der Kanzleiräume, der Wohn- und Eßzimmer, der Bäder und anderer Orte angeben, so daß in der folgenden Zeichnung alle Teile des Privathauses an den von Vitruv angegebenen Stellen liegen. Das Atrium ist so lang wie die Diagonale eines Quadrates, gebildet aus der Breite. Bis zum Abschlußbalken ist es so hoch wie breit. Die seitlich gelegenen Räume sind weniger als sechs Fuß hoch, und über den Mauern, die sie vom Atrium trennen, sind einige Pfeiler errichtet, das Gewicht des Daches oder der Bedeckung des Atriums zu stützen. Aus den Zwischenräumen erhält es sein Licht. Darüber hinaus haben die Räume oben eine überdachte Terrasse. Dem Eingang gegenüber liegt das Tablinum, das einen Teil von zweieinhalb Teilen der Atriumsbreite groß ist. Diese Räume dienen, wie ich anderen Ortes gesagt habe, dazu, die Bildnisse und Statuen der Ahnen aufzustellen. Weiter vorn befindet sich der Säulenhof, dessen Säulenumgänge so breit wie die Säulen hoch sind. Die Zimmer sind von der gleichen Breite und bis zur Kämpferhöhe so hoch wie breit. Die Gewölbe haben als Höhe ein Drittel der Breite. Mehrere Arten von Oeci, das sind jene Säle oder kleinen Säle, in denen man die Gastmahle und Feste veranstaltet und in denen die Frauen arbeiten, sind von Vitruv beschrieben worden; so die Viersäulensäle, die so genannt wurden, weil man dort vier Säulen benutzte, die korinthischen Säle, die von Halbsäulen umstanden waren, die ägyptischen Säle, die über den Säulen von einer Mauer abgeschlossen waren. Die Mauer stand geradewegs über den Säulen und war um ein Viertel kleiner als diese. In den Interkolumnien saßen Fenster, durch die der mittlere Teil des Raumes sein Licht erhielt. Die umlaufenden Loggien reichten nicht über die Höhe der Säulen des Erdgeschosses hinaus. Darüber befand sich der offene Teil des Atriums einerseits und ein umlaufender Gang oder Balkon andererseits. Ein jeder dieser Teile wird in der Zeichnung gezeigt.
Die quadratischen Oeci waren Räume, in denen man im Sommer Kühlung fand. Sie waren nach den Zier- und Nutzgärten hin ausgerichtet. Man richtete auch andere Oeci ein, die man kyzikenische nannte, die ebenfalls dem obengenannten Zweck dienten. Die Kanzleiräume und Bibliotheken waren an den passenden Stellen nach Osten hin ausgerichtet, und die Triklinien lagen dort, wo man aß. Es befande sich auch Bäder für die Männer und Frauen in den Gebäuden, die ich in den hinteren Teil des Gebäudes eingezeichnet habe.
Die
folgende Zeichnung stellt eine großformatige
Abbildung desselben Atriums dar.
VON DEM VIERSÄULENSAAL
Die folgende Zeichnung zeigt einen jener Säle, die man Viersäulensaal nannte, da sie vier Säulen besaßen. Man machte sie quadratisch, und setzte die Säulen ein, um Höhe und Breite miteinander in ein gutes Verhältnis zu bringen und um die darüber liegenden Räumlichkeiten abzusichern. Das habe auch ich an vielen Gebäuden getan, wie in den oben gezeigten Bauwerken zu sehen war und wie man auch in den folgenden sehen wird.