Villa La Rotonda, Vicenza (1566 - 1570)

 

Gartenansicht Blick von einer der vier Loggien auf den Garten Ansicht der Rotonda aus den "Quattro Libri" Schnitt mit Blick auf die Geschossgliederung Die Raumaufteilung des piano nobile Grundriss der Rotonda aus den "Quattro Libri" Ansicht der Fassade Blick von oben auf das Papiermodell Papiermodell: Blick auf den Portikus Papiermodell: Blick auf den Baukörper Schnitt und Ansicht Blick von der Rotunde in Richtung Loggia Rotunde: Gang und Tür zum Treppenhaus Blick in die Kuppel  Rotunde Treppentür und Freskierung von Ludovico Dorigny Blick auf den Portikus vom Garten
 

Gartenansicht

 

Blick von einer der vier Loggien auf den Garten

 

Ansicht der Rotonda aus den "Quattro Libri"

 

Schnitt mit Blick auf die Geschossgliederung

 

Die Raumaufteilung des piano nobile

 

Grundriss der Rotonda aus den "Quattro Libri"

 

Ansicht der Fassade

 

Blick von oben auf das Papiermodell

 

Papiermodell: Blick auf den Portikus

 

Papiermodell: Blick auf den Baukörper

 

Schnitt und Ansicht

 

Blick von der Rotunde in Richtung Loggia

 

Rotunde: Gang und Tür zum Treppenhaus

 

Blick in die Kuppel  Rotunde

 

Treppentür und Freskierung von Ludovico Dorigny

 

Blick auf den Portikus vom Garten

Palladio hat etwa 60 Villen im weiten Umkreis von Vicenca gebaut, von denen die sogenannte "La Rotonda", wie sie heute genannt wird, die berühmteste ist. Der Bauherr war Paolo Almerico, dessen Familie in diesem Gebiet größere Besitzungen hatte. Nach dessen Tod wurde die Villa 1591 an Odorico Capra verkauft. Palladio begann 1566 mit den Entwürfen und hat den Bau bis 1569 im wesentlichen fertiggestellt. Nach seinem Tod vollendete V. Scamozzi (1552-1616) diesen und auch andere Bauten Palladios (z.B. "Teatro Olimpico").

In seinen "Quattro libri" geht Palladio auf diese Villa näher ein: "Zu den zahlreichen ehrenwerten vicentinischen Edelleuten zählt auch Monsignor Paolo Almerico, ein Kleriker, der als Referendario zwei Päpsten, nämlich Pius IV. und V. gedient hatte und der für seine wertvollen Verdienste mitsamt seiner Familie zum römischen Bürger ernannt wurde. Dieser Mann, der nach Ruhm strebend, viele Jahre hindurch gereist war, kam, nachdem schließlich seine ganze Familie gestorben war, in seine Heimatstadt zurück. Er zog zu seiner Erholung auf einen Hügel aus seinem Besitz in der Vorstadt, der vom Zentrum weniger als vier Meilen entfernt war und auf dem er, nach dem hier folgenden Entwurf, ein Gebäude errichten ließ. Dessen Zeichnung erschien mir wegen der Nähe zur Stadt nicht geeignet, sie unter die Villen zu reihen, könnte man doch sogar sagen, sie läge in der Stadt selbst. Die Lage gehört zu den anmutigsten und erfreulichsten, die man finden kann. Das Haus liegt auf einem leicht zu besteigenden Hügel, der auf der einen Seite vom Bacchiglione, einem schiffbaren Fluss, begrenzt wird und auf der anderen Seite von weiteren lieblichen Hügeln umgeben ist, die wie ein großes Theater wirken und alle bestellt werden, reichlich Früchte sowie ausgezeichnete und gute Weinreben tragen. Da man von jeder Seite wunderschöne Ausblicke genießt, worunter einige die nahe Umgebung erfassen, andere wiederum weiter reichen und wieder andere erst am Horizont enden, so hat man an allen vier Seiten Loggien errichtet, unter denen, wie auch unter dem Hauptsaal, die Räume für den Gebrauch und die Bequemlichkeit des Gesindes liegen. Der Hauptsaal liegt in der Mitte, ist rund und erhält sein Licht von oben. Die Kammern sind Halbgeschosse. Über den großen Räumen, deren Gewölbe so hoch wie nach der ersten Art der Einwölbung sind (arithmetisches Mittel; d.Verf.) und die um den Hauptsaal herumliegen, findet sich ein Umgang von fünfzehneinhalb Fuß Breite. An den äußeren Enden der Postamente, die die Treppen der Loggien stützen, sind Marmorstatuen von der Hand des Bildhauers Lorenzo Vicentino aufgestellt." (Buch II, Kap.3).

Das Stadtleben begann in Italien schon früh; vielleicht lässt sich daraus die Vorliebe für Landsitze erklären, die es schon in der Antike gab, wie die Briefe des Plinius (um 100 n.Chr.) zeigen, der darin zwei seiner Villen beschreibt. Die kaiserlichen Villen, wie die Villa Hadrians in der Nähe von Tivoli, waren den Aufzeichnungen nach von Luxus umgeben. Im wesentlichen kannten die Römer jedoch zwei Arten von Villen:

- die Villa rustica, einen bewirtschafteten Landsitz, und

- die Villa suburbana, eine kleine, aber meist prachtvolle Villa in Stadtnähe, in der man die Ruhe und Kühle des Landes genoss.

Zur Zeit Palladios entstanden in der Umgebung Venedigs die schönsten Villen. Sie wurden meist als Landsitze mit Bewirtschaftung für die großen venezianischen Familien entworfen, die in Venetien herrenloses Land kultivierten und sich gleichzeitig einen angenehmen Sommersitz verschafften.

Palladio liefert in den "Quattro libri" die idealtypische Beschreibung einer Villa suburbana, wie sie sich bereits bei L.B.Alberti findet, der sich seinerseits auf Plinius bezieht. Nicht nur die Lage, sondern auch die räumliche Gliederung und der Grundriss entspricht den Vorstellungen Albertis: "Wenn Alberti fordert, dass eine so gelegene Villa nach allen Seiten licht und geöffnet sein soll, so hat Palladio damit Ernst gemacht, indem er seiner Villa Loggien an allen vier Seiten gegeben hat, und zwar ausdrücklich, damit man von jeder Seite die schönsten Ausblicke genießen kann. Auch vom Grundriss entspricht die Rotonda in etwa Albertis Vorschriften:

Dank des kreisrunden Saales, der von einem einfachen Kreuz rechteckiger Räume umgeben ist, wechselt man ständig zwischen beiden Raumformen. Auch das Gefühl, dass die Räume abwechselnd zum Verweilen und zum Durchschreiten auffordern, drängt sich dem Besucher auf, der sich von einer der Loggien nach innen oder vom Zentralraum nach außen wendet." (Forssman).

Goethe besuchte während seiner Italienreise am 22.September 1786 die Villa Rotonda und bewunderte sie, weil sie den "allseitig harmonisch gebildeten Menschen spiegelt":

"Heute besuchte ich das eine halbe Stunde von der Stadt auf einer angenehmen Höhe liegende Prachthaus, die Rotonda genannt. Es ist ein viereckiges Gebäude, das einen runden, von oben erleuchteten Saal in sich schließt. Von allen vier Seiten steigt man auf breiten Treppen hinan, und gelangt jedes Mal in eine Vorhalle, die von sechs korinthischen Säulen gebildet wird. Vielleicht hat die Baukunst ihren Luxus niemals höher getrieben. Der Raum, den die Treppen und Vorhallen einnehmen, ist viel größer als der des Hauses selbst; denn jede einzelne Seite würde als Ansicht eines Tempels befriedigen. Inwendig kann man es wohnbar, aber nicht wohnlich nennen. Der Saal ist von der schönsten Proportion, die Zimmer auch: Aber zu den Bedürfnissen eines Sommeraufenthaltes einer vornehmen Familie würden sie kaum hinreichen. Dafür sieht man es auch in der ganzen Gegend von allen Seiten sich aufs Herrlichste darstellen. Die Mannigfaltigkeit ist groß, in der sich seine Hauptmasse zugleich mit den vorspringenden Säulen vor dem Auge der Umherwandelnden bewegt, und die Absicht des Besitzers ist vollkommen erreicht, der ein großes Fideikommissgut (unveräußerliches und unteilbares Stammgut; d.Verf.) und zugleich ein sinnliches Denkmal seines Vermögens hinterlassen wollte. Und wie nun das Gebäude von allen Punkten der Gegend in seiner Herrlichkeit gesehen wird, so ist die Aussicht von daher gleichfalls die angenehmste."

Goethes Kritik an der Bewohnbarkeit des Hauses ist insofern verwunderlich, da einige Jahrzehnte zuvor das vormals ungegliederte zweite Stockwerk, das Palladio wenig überzeugend als zum Spazieren gehen geeignet beschrieb, in kleinere Räume unterteilt und damit bewohnbar gemacht wurde. Merkwürdig ist auch seine Klassifizierung der ionischen als korinthische Säulen.

GRUNDRISSGLIEDERUNG

Der Zugang zur Villa erfolgte von Nordwest, von wo auch heute der Hauptzugang ist. An diesem Zugang liegt ein Gebäude, das 1620 von Vicenzo Scamozzi errichtet wurde. Wahrscheinlich gab es früher noch einen zweiten Eingang von Nordost, also von jener Seite, wo noch heute eine Straße am Hügel vorbeiführt und wo der von Palladio beschriebene Fluss liegt.

Der Grundriss ist quadratisch und weist je einen Portikus mit vorgelagerter Freitreppe an den vier Seiten des Gebäudes auf. Im Untergeschoss, unter dem Niveau des Portikus und des Saales, liegen Nebenräume, Küche und Zimmer für das Personal. Das Erdgeschoss ist achsensymmetrisch angelegt mit dem kreisrunden Saal in der Mitte. Die Verbindungsgänge zwischen Saal und den vier Vorhallen (Loggien) teilen den Grundriss in vier Teile. Jeder Teil besteht aus einem größeren und einem kleineren Raum. Der größere ist von zwei Seiten belichtet und kann durch einen Kamin beheizt werden, der kleinere ist nur von einer Seite belichtet und ohne Heizungsquelle, zudem niedriger als der größere Raum. Das Obergeschoss war ursprünglich nicht unterteilt. Palladio bezeichnet es als einen "Ort zum Spazieren gehen mit einer Breite von 15 1/2 Fuß".

Entsprechend den Vorstellungen der Zeit und der Nutzung sind die Geschosse nur durch relativ schmale Wendeltreppen miteinander verbunden, die in den Zwickeln des Quadrats liegen, in das der kreisrunde Saal einbeschrieben ist.

 

RAUM UND FORM

Die äußere Form wird bestimmt durch die dem quaderförmigen Baukörper an allen vier Seiten vorgelegten Portiken. Das Gebälk über den ionischen Stützen der Portiken wird als Gesims um den Baukörper geführt und verbindet die Teile zu einem Ganzen. Es markiert nach außen die Höhe der Decke über den Haupträumen im Inneren und ebenso die Galerie im Zentralraum. Wie die Höhe der Decke wird auch die Höhe des Fußbodens des Hauptgeschosses durch ein umlaufendes Gesims markiert, das den oberen Abschluss des unten abgetreppten Sockels angibt. Das pyramidenförmige Dach, aus dem die flache, leicht abgetreppte Kuppel herausragt, sitzt mit einem sehr knapp ausgebildeten Gesims auf dem Baukörper auf.

Der Wandaufbau ist in drei Teile gegliedert, in Sockel, Hauptgeschoss und Obergeschoss. Die Fenster im Hauptgeschoss sind durch Giebelfeld, Voluten und umlaufende Rahmung hervorgehoben und sitzen auf einem Sockel auf; die Fenster im Ober- und Untergeschoss sind dagegen als in die Wand geschnittene Löcher ausgebildet.

Von den breitgelagerten Portiken führen in Achsen des Gebäudes schmale Gänge in den runden Zentralraum, der durch eine Galerie in der Höhe gegliedert und mit einer Kuppel überdeckt ist. Die Belichtung erfolgt durch ein in der Kuppelmitte angeordnetes Oberlicht.

Von den rechteckigen Räumen, die den runden Kuppelsaal umgeben, sind jeweils zwei zu einer Einheit zusammengefasst, ein kleiner und ein größerer Raum. Die Erschließung erfolgt jeweils von dem Verbindungsgang zwischen Portikus und Kuppelsaal, aber nicht vom Kuppelsaal selbst. Die Belichtung des größeren Raumes erfolgt von zwei Seiten, wobei jeweils ein Fenster in der Achse der Erschließung des Raumes liegt. Die Höhe folgt dem "Hauptmaß", sie ist also gleich der Höhe des Hauptgeschosses, während der kleinere Raum halbgeschossig ausgebildet ist. Über ihm liegt ein weiterer Raum von gleichen Abmessungen. Die Decken über diesen Räumen sind in Form von Spiegelgewölben ausgeführt.

Die Fresken an den Wänden und Decken sowie die Stuckarbeiten wurden noch zu Lebzeiten von Almerico begonnen, ihre Ausführung erstreckt sich bis in die erste Hälfte des 17.Jahrhunderts. Teile davon, wie die Fresken der Gänge zum Kuppelsaal und der Wände des Kuppelsaals (nicht jedoch die Ausmalung der Kuppel), sind erst Ende des 17.Jahrhunderts entstanden.

KONSTRUKTION

Die Villa ist von ihrer Struktur her ein Massivbau mit tragenden Wänden. Das Untergeschoss ist mit Gewölben überdeckt, die Decken über den rechteckigen Räumen im Erdgeschoss werden wahrscheinlich von Holzbalken getragen mit untergehängten Spiegelgewölben. Die Kuppel über dem kreisrunden Saal ist wahrscheinlich massiv.

 

INTERPRETATION

Die Beschreibung der Villa Rotonda zeigt, welche Bedeutung Palladio der Lage des Ortes als Ausgangspunkt des Entwurfs zumisst. Nur von daher ist die Anordnung und Ausbildung des Baukörpers mit Loggien an den vier Seiten des Gebäudes zu verstehen.

Dass dieses Prinzip auch bei anderen Bauten festzustellen ist, zeigt ein Vergleich der Villa Rotonda mit der Villa Barbaro in Maser. Im Unterschied zur Rotonda ist die Villa Barbaro ein langgestreckter Baukörper, in der Mitte durch einen hervortretenden Baukörper, an den beiden Enden durch aufgesetzte Giebelfelder betont. Der Baukörper ist bewusst als Abschluss des davor liegenden flachen Terrains ausgebildet. Diese Funktion als Raumbegrenzung wird durch die hinter dem Gebäude angeordnete und das Gebäude überragende Bepflanzung mit hohen Bäumen unterstrichen. Die betonte Mitte des Gebäudes findet ihre Entsprechung in dem Zugangsweg zur Villa, der sich außerhalb des Parkes in einer Baumallee fortsetzt, die weit in das Land hinausführt.

So sehr die Anlage der Rotonda auf den Ort bezogen ist, also auf das Besondere und Einmalige, so sehr zeigt die Ausbildung im Inneren nicht die besondere, sondern die typische Lösung. Wittkower hat nachgewiesen, dass sich die Grundrisse der Villen Palladios in der Anordnung der Räume auf einen gemeinsamen "geometrischen Schlüssel" zurückführen lassen, das Haus also als Abwandlung eines Typus im Hinblick auf die Besonderheiten des Ortes gesehen werden muss.

Die Abflachung und Erstarrung in der Nachfolge Palladios liegt wohl auch darin begründet, dass man später nur das eine gesehen hat, den Typus, und darüber das andere vergessen hat, die Anpassung an die Gegebenheiten des Ortes.

Dass Palladio seine Bauten immer in Bezug zum Kontext gesehen hat, zeigt auch die Feststellung, die sich in ähnlicher Form schon bei Alberti findet, dass also "die Stadt nichts anderes ist als gewissermaßen ein großes Haus und daß zum anderen das Haus eine kleine Stadt" sei. Obwohl der Grundriß der Rotonda achsensymmetrisch angelegt ist, zeigt die Raumordnung und Raumfolge Differenzierung im einzelnen. In Analogie zur Stadt enthält sie Räume, deren Charakter eher "öffentlich" ist, und sie enthält Räume, deren Charakter eher "privat" ist; sie enthält Räume, die zum Verweilen auffordern, und Räume, die zum Durchschreiten auffordern; sie enthält "Straßen" und sie enthält "Plätze".

Um von außen nach innen zu gelangen, durchschreitet man eine Abfolge unterschiedlicher Raumarten. Der Weg führt über die Freitreppe durch das außen und innen verbindende Raumgitter der Säulen in die Vorhalle. Diese Vorhalle ist gegenüber dem anschließenden Gang weit und nach vorn offen. Der anschließende Gang hat zwar die gleiche Höhe wie die Vorhalle, ist aber eng und begrenzt. Von diesem engen Gang kommt man in den weiten und hohen Kuppelraum. Der schmale Gang verbindet mit Vorhalle und Kuppelraum zwei große, aber völlig unterschiedliche Räume, einen extrovertierten und einen introvertierten Raum. In der Anlage der Loggien zeigt sich das Prinzip des räumlichen Übergangselements als Verbindung von innen und außen.

Im Gegensatz zur Rotunde haben die umliegenden Räume eher "privaten" Charakter. Diese Räume werden von den Gängen, nicht aber von der Rotunde aus erschlossen.

Bei der Ausbildung der Loggia als Portikus mit Säulen und Dreiecksgiebeln beruft sich Palladio darauf, dass früher Wohnhäuser einen solchen Portikus besessen hätten, und dass diese Form von daher auf Tempelbauten übertragen worden wäre. Tatsächlich konnte jedoch bisher kein antikes Wohnhaus mit Portikus nachgewiesen werden. Stichhaltiger dürfte die von ihm vorgebrachte Begründung sein, dass dadurch der Eingang des Gebäudes betont werden sollte und der Portikus viel zur Vornehmheit der Villa beitrage.

Palladios Bauherren gehörten wie Paolo Almerico zum Adel oder zum venezianischen Großbürgertum, sie waren vielseitig und klassisch gebildete Menschen, die das Ideal eines humanistisch geprägten Lebens auf dem Lande zu verwirklichten suchten. Ihre Bauten waren über den unmittelbaren Anlass hinaus, der Bewirtschaftung des Landes zu dienen, Ausdruck eines völlig neuen Selbstverständnisses, und sie fanden in Palladio, der durch seinen Mentor Trissino entscheidend geprägt worden war, den kongenialen Architekten.

 

DIE GEOMETRIE DER VILLA ROTONDA

In seinen "Quattro libri" geht Palladio unter anderem auf die Villa Rotonda ein. Vergleicht man die Maßangaben des Grundrisses mit denen des überkommenen Baus, so lassen sich zum Teil deutliche Abweichungen feststellen. Bedenkt man das Erscheinungsjahr der Schrift (1570) und den Baubeginn (1566), so ist es wahrscheinlich, dass Palladio die Maße nachträglich geschönt hat, um die aufgeführten Bauten als vorbildlich erscheinen zu lassen.

Halten wir uns also an die im Buch angegebenen Maße. Für die großen Räume des Hauptgeschosses gibt Palladio lichte Maße von 26 x 15 Fuß an, für die kleinen 15 x 11 Fuß. Vergleicht man deren rationes mit denen der "schönsten und am besten proportionierten Zimmerarten" (Palladio), so nähern sie sich nur sehr genau den idealen Proportionen an. Auch die Einbeziehung der Mauerstärken führt nicht zu einer exakten Übereinstimmung.

Da es kaum denkbar ist, dass Palladio in seinem anspruchsvollen Lehrbuch von den eigenen Empfehlungen so deutlich abweicht, muss von einem Ordnungsprinzip ausgegangen werden, dass quasi zwangsläufig zu den erwähnten Dimensionen der Räume führt.

Vergegenwärtigen wir uns die Struktur des Gesamtbaus: der richtungslose Zentralbau wird im wesentlichen bestimmt vom quadratischen Grundriss des Hauptbaus und den zwei sich rechtwinklig kreuzenden, fast identischen Achsen der mittig angelegten Vorbauten. Palladio selbst geht auf die landschaftlichen Gegebenheiten des Baugeländes ein und preist deren schöne Ausblicke in allen Richtungen. Um diese genießen zu können, integrierte er die Loggien, die "zum Spazieren gehen, zum Essen oder zu anderen Vergnügungen" dienen. Palladio unterscheidet eher öffentliche und eher private Bereiche in den Wohnhäusern. Der zentrale Raum ist der Hauptsaal des Hauses und dient zu "Festen, Gastmahlen, zur Aufführung von Komödien, zu Hochzeiten und ähnlichen Vergnügungen", stellt damit den wichtigsten öffentlichen Platz im Haus dar. Seine Erschließung erfolgt axial über die breite und einladende Freitreppe, die zwischen Innen und Außen vermittelnden Loggien und die schmalen Gänge. Bezieht man die umgebende Landschaft ein, so wird die Raumempfindung und Bewegungsrichtung beim Betreten des Hauses mehr und mehr fokussiert, bis sie sich im runden Saal wieder grandios erweitert und richtungslos verwirbelt. In seinem Mittelpunkt kreuzen sich die durchlaufenden Achsen, schaffen damit das unbestrittene Zentrum des gesamten Baus.

Erschließt man das Gebäude von diesem Punkt aus, so fügen sich alle Teile ausnahmslos und logisch in eine umfassende Ordnung. Das grundlegende Problem, einen runden Raum mit rechteckigen Räumen zu verbinden, löst Palladio mit dem Prinzip der "Vierung über Ort": der Kreis des Hauptraums wird in ein Quadrat, das die äußeren Begrenzungen des Baus aufnimmt, einbeschrieben, kombiniert damit die beiden schönsten und elementarsten Raumformen.

Die Dimension des umschriebenen Quadrats wird verdoppelt und führt, unter Beibehaltung des Diagonalenschnittpunkts, zum großen Quadrat der Außenmauern. Die beiden Achsen teilen dieses wiederum in vier Quadrate, die mit dem der Vierung übereinstimmen. Dieses dient wiederum als Grundlage für die vier von Freitreppen und Loggien gebildeten Vorbauten, bildet somit das Raster für den gesamten Grundriss. Den verbleibenden Innenraum, der quasi einen Rahmen um die zentrale Vierung schließt, wird durch die zum Zentralraum führende Gänge axial durchschnitten. Die vier so entstandenen Raumwinkel werden durch zueinander parallele Verlängerungen der Vierungsseiten in zwei ungleiche Räume unterteilt, die, lässt man die Gänge und die Wandstärken außer Acht, Quadri und Doppelquadri darstellen, also zwei Raumformen, die Palladio als idealschön ansieht.

Das ehemals ungegliederte Obergeschoss hat Palladios Grundkonzept bei der Proportionierung in reinster Form veranschaulicht.

Der Verdoppelung des Vierungsquadrats dürfte die Idee Platons von den idealen Quadraten zugrunde gelegen haben: verbindet man die vier Seitenmitten eines Quadrats, so erhält man ein um 45 Grad gedrehtes, in schöner Proportion stehendes neues Quadrat. Dieses Verfahren erlaubt sowohl Vergrößerungen wie Verkleinerungen, wobei die Diagonale des nächstgrößeren immer der doppelten Kantenlänge des kleineren entspricht, die Flächen also verdoppelt oder halbiert werden. Überträgt man Platons Idee auf die Villa Rotonda, so markieren die gedrehten Quadrate innen wie außen die Durchdringungspunkt der Raumachsen.

Auch die Wandöffnungen, also die Fenster und Türen, folgen diesem Ordnungsprinzip. Parallel zu den durchlaufenden Raumachsen bilden sie fast immer mittig angelegte Fluchten, die den gesamten Bau durchziehen und immer wieder, zumindest bei geöffneten Türen, Ausblicke auf die umgebende Landschaft ermöglichen. So wird mit dem Betreten eines jeden der rechteckigen Räume zugleich ein Ausblick durch das exakt gegenüberliegende Fenster ermöglicht. Die Fenster zu den Loggien sind zwischen die Säulen eingemessen, nutzen also den freien Ausblick der Interkolumnien. Die Lage der Türen erlaubt einen ungehinderten Umgang durch alle rechteckigen Räume und variiert damit die kreisförmige Dynamik des Zentralraums.